Sie saß dort.
Ihre Beine leicht aneinander und sittsam zur Seite fallengelassen.
Ihre Hände gefaltet in ihrem Schoß.
Ihr Haar wie immer fein und perfekt gehalten von wenigen Nadeln.
Ihre Kleider sorgsam gepflegt und von edlem Stoff umspielten wie eh und je ihren zarten Leib.
Doch die Schatten unter ihren Augen, die Schatten die sie mit allerlei Hilfsmittel zu verbergen suchte, zeigte jenem aufmerksamen Betrachter der sie anblickte, das nichts so war wie es sonst gewesen ist.
Ihr Rücken gerade.
Ihre Schultern sachte gesenkt und dennoch gestreckt.
Ihre Stimmt kraftvoll und umschmeichelnd.
Doch ihre Augen waren von Kälte durchzogen. Was einst feurig und leidenschaftlich loderte ist fort und nicht mehr zu greifen. Das was einst jeden gefangen nahm und jeden mit einem Blick zum brennen gebracht, zum brennen vor Neugier, gier und Begierde, ist verloschen. Der Mann der vor ihr stand verbeugte sich tief und würdevoll vor der Frau die er wohl inständig zu kennen schien. Seine Hand auf dem Herzen und den Blick gesenkt sprach er nach dem er sich wieder erhob.
„Meine Dame Freo… ihr habt lange geschlafen und mit dem tode gerungen.“
Sie nickte nur und ein feines lächeln trat in ihr Anlitz. Eine Ohrfeige welches bittere Galle in den Mund des Mannes sprudeln lies. Eine Ohrfeige nicht gegen ihn sondern gegen jenen der dachte diese Frau zu kennen.
„Ich bin erleichtert das ihr noch unter uns weilt meine Dame. Doch muss ich euch sagen, und es zerreißt mir das Herz das…“
Sie hob die Hand, inbrünstig und Einhalt gebietend.
Ich weiß es werter Herr. Ihr braucht es nicht weiter zu formulieren auch wenn ich euch dafür sehr dankbar bin das ihr versucht es mir schonend und ohne Garnierung zu berichten. Doch.. Ich spüre es nicht mehr. Das einzige Leben das ich noch spüre ist das meine. Ich spürte es schon als ich noch schlief…das…das ich es verloren habe!“
Der Mann nickte und Blickte die Dame nun mit feuchten Augen an. Er blickte der lächelnden und makelosen Frau entgegen. Selbst die Verbände konnte man unter ihrem Kleid nicht erahnen und er dachte sich, das es unmöglich wäre ihr anzusehen was passiert ist, wenn man es nicht gewusst hätte.
„Doch werte Dame Freo…dies ist noch nicht alles… Euer…“
Sie hob die Hand erneut und ihr ihr Lächeln wurde kräftiger wenn auch fast schneidend in dieser Situation in der ein Lächeln alles andere als angebracht war.
„Auch dies werter Herr ist mir bewusst und bekannt. Mein Gatte wird nicht mehr zurückkehren. Und ich werde mich niemals von seiner irdischen Hülle verabschieden können. Das einzige was mir bleibt ist zu unseren Vorvätern zu sprechen und zu hoffen das er den Weg zu ihnen gefunden hat.“
Der Mann nickte und seine Augen füllten sich mit Tränen die er nicht mehr zu bändigen wusste. Er verneigte sich abermals würdevoll und wandte sich ab. Als er zur Tür trat und diese öffnete wandte er sich ein letztes mal um und sprach mit gebrochener Stimme…
„Mein Bruder wird diesen Weg gefunden haben…dessen bin ich mir sehr sicher!“
Mit diesen Worten ging er und die Tür wurde geschlossen. Sie saß unverändert dort, einer Statue gleich. Das Lächeln zierte ihre Züge die Hände weitergehend gefaltet und einem gestrecktem Rücken. Leise spürte sie ein Beben in ihr aufsteigen ein Beben das immer lauter wurde, jetzt da die Tür geschlossen und sie alleine in diesem Zimmer voller Herrlichkeit saß. Das Beben wurde zu einem lauten Tosen welches ihr in die Ohren stieg. Sie blickte sich zart lächelnd um und erblickte das das einzige was nicht von Herrlichkeit erfüllt, sie selbst war. Das Tosen wurde Lauter und berstete in ein kreischen, in ein schreien, ein wehklagen welches ihr die Sinne nahm.
Sie fand sich wieder, wohl einige Momente später, die Hände vor ihrem Gesicht. Die Beine unschicklich angezogen vor ihrem Körper. Das Schreien grub sich langsam aus ihr heraus und ihr wurde bewusst das ihre ganze Welt, ihr ganzes sein mit den Tränen die sie weinte auf dem Boden zerplatzt sind. Es gab nichts mehr was sie halten könnte. Es gibt hier nichts was sie jemals wieder ertragen könnte. Das einzige was ihr blieb ist es das zu tun was sie immer Tat. Sie musste perfekt sein. Und somit strafte sie ihren Rücken trocknete ihre Tränen und faltete ihre Hände während sie sich ihre Maske der Perfektion wieder fein säuberlich aufsetzte und sie nie wieder abnehmen sollte.
Aus den Gedanken gerissen Blickte sie auf von dem Grab ihres Gatten. Sie verweilte noch einige Augenblicke in den Gedanken an die Ereignisse vor so vielen Jahren. Sie Dachte an den Mann der ihr ihren Gatten und ihr Kind geraubt hatte. Und mit einem mal trat ein boshaftes lächeln unter die einzelne Träne, die über ihre Wangen floss.
„Diese Woche gehört nur euch. Dir mein Kind. Dir meinem Liebsten die ich preiße und niemals vergessen werde. Und dir meinem Peiniger der mir alles nahm was mir etwas bedeutete. Ich feiere dich und denjenigen der dich ausbluten ließ. Ausbluten lies wie du meinen Mann, wie du mein Kind und auch fast mich selbst.“
Sie blickte noch einmal gen Himmel, strich sich die Träne von der Wange und wandte sich um und ging davon. Um dort hin zurückzukehren wo sie das eine sein konnte.
…perfekt…
Sehr beeindruckend! *daumenhoch*